03 Balgrist

Update zu mTORUS

23.06.2025 17:47

Neuigkeiten aus dem Projekt mTORUS: Neue Perspektiven auf mikrobiom-basierte Therapien bei wiederkehrenden Harnwegsinfektionen und Ergebnisse der ersten klinischen Studie.

Das Mitte 2023 gestartete Projekt mTORUS macht wichtige Fortschritte bei der Entwicklung mikrobiom-basierter Therapien für wiederkehrende Harnwegsinfektionen (UTIs). Durch die Kombination von gentechnisch veränderten Bakteriophagen mit einer Mikrobiota-Transplantation hat das interdisziplinäre Team eine longitudinale Studie mit UTI-Patientinnen und -Patienten sowie Kontrollpersonen gestartet. Ziel dieses Ansatzes ist es, die Abhängigkeit von Antibiotika zu verringern und Behandlungen individuell auf die Patientinnen und Patienten abzustimmen – ein vielversprechender Schritt in Richtung Präzisionsmedizin im UTI-Management.

mTORUS verfolgt einen neuartigen Ansatz zur Behandlung wiederkehrender Harnwegsinfektionen, der Mikrobiomforschung, klinische Expertise und datenbasierte Methoden vereint. Das Projekt ist am Universitätsspital Balgrist angesiedelt und vereint Forschungsgruppen der ETH Zürich und der Universität Zürich. Im Zentrum steht die Suche nach nachhaltigen, personalisierten Alternativen zur konventionellen Antibiotikatherapie.

Kern des Projekts ist eine zweistufige Strategie: Zuerst sollen krankmachende Bakterien mithilfe genetisch modifizierter Bakteriophagen gezielt entfernt werden. Anschliessend wird durch eine Mikrobiota-Transplantation gezielt eine gesunde bakterielle Besiedlung in der Blase aufgebaut. Ziel ist es, ein gesundes mikrobielles Gleichgewicht im Harntrakt wiederherzustellen und das Risiko für erneute Infektionen langfristig zu senken.

Zur Unterstützung dieses Vorhabens hat das Team standardisierte Verfahren zur Probenentnahme und -analyse entwickelt und optimiert. In einer Validierungsstudie mit 66 Teilnehmenden untersuchten die Forschenden, wie sich Harnwegsinfektionen auf die Zusammensetzung des Blasenmikrobioms und auf die Stoffwechselantworten des Körpers auswirken. Die Ergebnisse zeigen eine hohe interindividuelle Variabilität und unterstreichen die Bedeutung standardisierter Prozesse für verlässliche Resultate.

Ein weiterer Schwerpunkt des Projekts liegt auf dem Zusammenspiel von Infektionen und Immunsystem. Mithilfe von durchflusszytometriebasierter Immunphänotypisierung analysierte das Team Blasenbiopsien und identifizierte typische Muster von Immunantworten – darunter auch  sogenannte Typ-III-Immunreaktionen, wie sie bei extrazellulären Bakterien auftreten. Diese Erkenntnisse könnten künftig in neue therapeutische Strategien einfliessen, die über die reine Pathogen-Elimination hinausgehen.

Die gewonnenen Daten aus klinischen, mikrobiologischen, metabolischen und immunologischen Analysen fliessen in eine sichere digitale Umgebung zusammen. Auf dieser Basis entwickeln die Forschenden Modelle, um biologische Veränderungen während Infektionen besser zu verstehen und in Zukunft individualisierte Therapieentscheide zu unterstützen.

Das Projekt hat bereits zu ersten Folgeprojekten geführt und weckt Interesse in einer Vielzahl von Disziplinen – von der Infektionsbiologie über Mikrobiomforschung, Immunologie und Metabolomik bis hin zur Datenwissenschaft. Die enge Zusammenarbeit über Fachgrenzen hinweg ist entscheidend, um die komplexe Natur wiederkehrender Harnwegsinfektionen zu erfassen und wissenschaftliche Erkenntnisse in die klinische Praxis zu überführen.

Gerade vor dem Hintergrund zunehmender Antibiotikaresistenzen, die eine wachsende Herausforderung für die globale Gesundheit darstellen, ist dieses Projekt von hoher Relevanz. mTORUS zeigt exemplarisch, wie alternative Therapieansätze aussehen könnten: solche, die nicht nur akute Symptome bekämpfen, sondern auch langfristige Erholung und Resilienz fördern. Im Fokus steht dabei die mikrobielle Ökologie des Harntrakts – und damit das Zusammenspiel von Infektion, Immunantwort und mikrobiellen Gemeinschaften.

Diese systemische Sichtweise ermöglicht es, zu erforschen, warum manche Menschen vollständig genesen, während andere immer wieder Infektionen erleiden – und wie gezielte Interventionen entsprechend angepasst werden können. Sie spiegelt zugleich einen grundlegenden Wandel in der medizinischen Forschung wider: weg von standardisierten Behandlungen hin zu differenzierten Ansätzen, die die individuelle Biologie, Immunlage und Mikrobiom-Zusammensetzung berücksichtigen.

mTORUS leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung mikrobiom-basierter Therapien im Kontext der Präzisionsmedizin. Das Projekt zeigt, wie personalisierte, nachhaltige und wirksame Behandlungsstrategien für Betroffene mit wiederkehrenden Harnwegsinfektionen in Zukunft aussehen könnten.